Nachdem die Fansachtsgruppe des LABOR Luzern 2018 aus zehn Teilnehmenden bestanden hatte, schrumpfte die Gruppe 2019 aus Zeitgründen wieder auf das Kernteam von 2017 zusammen. Dies
erleichterte es rasch einen gemeinsamen Nenner zu finden und gestaltete die Sujet-Wahl unkompliziert. Man entschied sich für ein Thema, welches bereits mit dem Sujet von 2018 angeschnitten,
nun jedoch mit einer klaren Haltung in den Fokus gerückt wurde.
Für "FAST Nacht - Last minute Kostüme zum Sonderpreis" wurde ein funktionierender Last minute Kostüm-Automat mit Verkäuferinnen und Kostüm-Models gebaut. Zu kaufen gab es die Sujets: Unisex
Unicorn, Lovely Ladybug und Sexy Steampunk. Hergestellt wurde jedes Einzelne von einem Nähroboter in der Garderobe.
Immer mehr Leute strömen während der Fasnachtszeit nach Luzern und kaufen sich in letzter Minute "noch schnell" ein billiges Kostüm, welches meist in Fernost unter schlechten
Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Der Konsum steht im Vordergrund. Die Kultur bleibt auf der Strecke und der Umwelt wird geschadet.
Das von unserem Automaten eingenommene Geld wurde Soldidar Suisse gespendet.
Nach dem ersten Fasnachtsprojekt des LABOR Luzern wuchs die offene Gemeinschaft von fünf auf zehn Leute an. Zwar war nun das Knowhow für die Umsetzung eines Sujets grösser geworden, doch die
Suche danach entpuppte sich als besonders schwierig. Die einen legten mehr Wert auf Technisches, die anderen mehr auf Inhaltliches. Die einen wollten etwas Lockeres, die anderen etwas
Kritisches.
Man einigte sich mit «Familie Meier – Sie sind unter uns» schliesslich für eine bizarre Mischung, welche die eine oder andere gewollte Irritation auslöste. Die als Marienkäfer verkleideten
Aliens, die mittels Finger gesteuerter Sprachmodule bis zu 40 (!) Sätze wie «wir sind aus dem Aargau», «Sie sind zum anbeissen» oder «Ich brauche Holdrio!» sagen konnten, lösten beim Publikum
nicht nur Gelächter, sondern auch Unbehagen aus.
So wurden die «creepy Käfer» (wie sie das 041 Kulturmagazin nannte) nicht nur bestaunt, sondern auch als ausländische Mistkäfer beschimpft (gemeint waren damit wohl asiatische
Harlekin-Marienkäfer, welche sich in Europa inzwischen verbreitet haben.) Doch so unfreundlich diese Beschimpfung war, so ist sie ein gutes Beispiel dafür, welche Reaktionen die
Fasnachtsgruppe LABOR mit dem Sujet provozieren wollte. Die Sorge vor Überfremdung ist nicht nur ein nationales Thema, sondern auch Bestandteil der Luzerner Fasnacht. Wie viele Fremde haben
Platz an der Luzerner Fasnacht? Wollen die Auswärtigen etwas zur städtischen Kultur beitragen oder sind sie nur am Komerz interessiert? Reicht es sich zu verkleiden oder trägt man in Luzern
einen «Grind»? Und letztlich stellt sich bei Aliens doch immer die Frage: Sind sie gut oder böse? Der Kontrast zwischen Familie in niedlichem Marienkäferkostüm und einäugigen
Tentakel-Monstern hätte diese Frage wohl nicht unbeantworteter lassen können. Letztlich lag gerade in der Ambivalenz dieses Sujets das Interessante.
Die Selfisch Gang war, initiiert durch Maya Büchler und Exist, das erste Fasnachtsprojekt des LABOR Luzern. Man gewann für die Umsetzung vier weitere Labor-Mitglieder.
Die Selfish stellten Tiefseeangler dar, die am Ende der Antennen mit Smartphones augestattet waren. Auf den Displays waren Selfies der jeweiligen Personen unter den Masken zu sehen und per
Knopfdruck wurde ein Blitzlicht ausgelöst.
Selfish bedeutet selbstsüchtig. Das gesellschaftskritische Sujet erregte Aufsehen. Viele Zuschauer wollten mit der Selfisch Gang Selfies machen. Für die Projektteilnehmenden war nach diesem
positiven Erlebnis klar, dass dies wohl nicht ihr letztes Fasnachtsprojekt gewesen war.